Kalifornische Träume

Nürtinger Zeitung – Sängerbund Grötzingen lud zur „Fantastic Sängerbunt Party“ ein und viele Zuhörer kamen „Wo man singet, lass dich ruhig nieder“, wusste schon der Aufklärer Johann Gottfried Seume. Und das dachten sich wohl auch die zahlreichen Besucher, die der Einladung des Sängerbundes Grötzingen zur „Fantastic Sängerbunt Party“ am Samstagabend folgten. Um es vorwegzunehmen: Sie wurden von dem gut zweistündigen Konzert nicht enttäuscht. AICHTAL-GRÖTZINGEN. Dem Publikum wurde von den teilnehmenden Ensembles ein abwechslungsreiches Programm dargeboten. Eröffnet wurde der Abend in der Grötzinger Mehrzweckhalle von dem gastgebenden Chor „TonArt“ unter der Leitung von Monika Grohmann. Die Sängerinnen und Sänger sorgten mit Titeln wie „California Dreaming“ von „The Mamas and the Papas“ oder dem frechen „Alles nur geklaut“ der Leipziger A-cappella-Rockband „Die Prinzen“ für ausgelassene Stimmung. Die setzte sich fort, als die Damen und Herren von „Chorage“ die Bühne betraten und das Publikum mit „Always Look on the Bright Side of Life“, dem Titelsong des Monty-Python-Klassikers „Das Leben des Brian“, erfreuten. Beschwingt waren auch die anderen Titel, mit denen sich das von Uta Rendl geleitete bunte Ensemble aus Pliezhausen vorstellte. Diane Warrens „Nothing’s gonna stopp us now“ und „Gimme Hope Joanna“ von Eddy Grant standen ebenfalls auf ihrem Programmzettel. Erst nach der Zugabe des Songs „Let the sunshine in“ konnte der gemischte Chor, dem Mitglieder verschiedenen Alters angehören und der vor allem Hits aus Musicals, Gospels sowie Schlager interpretiert, die Bühne verlassen. Der Name Chorage setzt sich übrigens aus den Worten couragiert, heiter, offen, rhythmisch, aktiv, gesellig, ebbes b’sonders zusammen. Nach der Pause hatte dann der Chor „Just Music“ seinen Auftritt. Die von Joachim Schmid geleitete Gruppe begeisterte die Zuhörer mit Titeln wie „Über sieben Brücken“ der Ostrockband „Karat“, Frank Sinatras „New York, New York“, Miriam Makebas „Pata Pata“ oder einem mit „Viva Belcanto“ überschriebenen Medley, das vom Triumphmarsch aus Verdis „Aida“ bis zu Eros-Ramazotti-Titeln reichte. Auch hier erklatschten sich die Besucher eine Zugabe. Ohne die beendeten auch die Gastgeber von „TonArt“ ihren zweiten Auftritt an diesem Abend nicht. Dem eher besinnlichen „Ich wollte nie erwachsen sein“ von Peter Maffay folgte ein mitreißender Beach-Boys-Querschnitt. Einen besonderen Akzent setzte dann der von Dieter Seßler geleitete Musikverein aus Oberboihingen. Neben Jazzklassikern wie „Oregon“ oder „Birdland“ spielte die im Jahr 1948 gegründete Blaskapelle ein Stück mit dem Titel „Mazuma“, der eine Reminiszenz an einen in Oregon lebenden Indianerstamm gleichen Namens darstellt. Die Interpretation des eigenwilligen Werks fand Gefallen und wurde mit reichlich Beifall belohnt. – Mit dem „Exodus Song“, den der Musikverein zum Finale gemeinsam mit allen Sängerinnen und Sängern erklingen ließ, ging der musikalische Teil des Abends zu Ende. Gemeinsam mit mehreren befreundeten Ensembles gleicher musikalischer Ausrichtung ein Konzert zu geben sei ein Novum, erläutert Dorothea Labudde-Neumann, die Zweite Vorsitzende des veranstaltenden Sängerbundes Grötzingen. „Wir haben uns zusammengefunden, weil wir alle ein ähnliches Repertoire haben – zeitgenössisches populäres Liedgut.“ Man erhoffe sich, damit auch ein jüngeres Publikum anzusprechen. Im kommenden Jahr gibt es nicht nur die zehnte Auflage der „Fantastic Sängerbunt Party“, dann feiert der Sängerbund Grötzingen auch sein 130-Jahr-Jubiläum.

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Vom Workshop direkt auf die große Bühne: Der Sängerbund Grötzingen verzaubert das Publikum mit „Maybebop meets choir“

AICHTAL-GRÖTZINGEN. Am Samstagabend gab es in der Mehrzweckhalle Grötzingen eine Veranstaltung mit experimentellem Hintergrund: der Sängerbund Grötzingen hatte ein Konzert mit dem vielversprechenden Titel „Maybebop meets Choir“ organisiert, eine Mixtur aus den Programmen des vereinsinternen Chors und des hannoveranischen A-cappella-Quartetts Maybebop. Dabei sollten aber nicht nur Auszüge aus den jeweils eigenen Repertoires zum Vortrag kommen, sondern auch gemeinsam erarbeitete Stücke präsentiert werden.

Das Angebot, zusammen mit einem Chor etwas auf die Beine zu stellen, hatte der Sängerbund der Internetseite von Maybebop entnommen und sich sofort angesprochen gefühlt. Aber auch für die Hannoveraner handelte es sich hierbei um eine Premiere: mit dem hiesigen Sängerbund lud zum ersten Mal kein professioneller Chor, sondern ein Verein zur Session. In einem einmaligen vierstündigen Workshop am Samstagmittag trafen sich schließlich rund 75 Sängerinnen und Sänger, sowohl aus den eigenen Reihen als auch aus anderen befreundeten Vereinen, mit den vier charmanten Herren von Maybebop, um alles Mögliche auszuprobieren und den eigenen Horizont zu erweitern. So wurde der Chor in Grüppchen unterteilt, die jeweils ein Mitglied von Maybebop unter die Fittiche nahm: von Jan Bürger erfuhren die Vereinsmitglieder, wie man auf der Bühne Ausstrahlung und Präsentation verbessern kann, Sebastian Schröder, der (Mund-)Bassist der Band, brachte seinen Schützlingen einiges über Stimmbildung bei, Lukas Teske demonstrierte, wie Mouthpercussion funktioniert, und Oliver Gies arbeitete mit den Anwesenden am chorischen Gesang.Dabei zeigten sich die Angehörigen der Gesangvereine begeistert von der ungezwungenen Atmosphäre, in der man mit den Profis nach Herzenslust üben und einstudieren konnte, und nicht zuletzt durch eine kleine Fußball-Einlage während eines Päuschens war den vier Sangeskünstlern die Gunst aller Anwesenden sicher.In entsprechend hoher Erwartung befand sich das bunt gemischte Publikum, das am Abend die Mehrzweckhalle füllte. Dorothea Labudde-Neuman, die Moderatorin der Veranstaltung, betonte zunächst, dass der Abend unter dem Zeichen der Improvisation stehe, weshalb auch keine Programme ausgehändigt wurden. Was im Anschluss folgte, war allerdings zunächst alles andere als improvisatorisch: der Sängerbund Grötzingen gab unter der Leitung von Monika Grohmann einen Auszug aus seinem vielseitigen Programm zum Besten und konnte das Publikum schnell mit gekonnt und ungewöhnlich arrangierten Kanons für sich gewinnen.

Das lebendig inszenierte Auftaktlied „Top of the World“ wurde vom Chor ebenso überzeugend vorgetragen wie das emotionale Stück „Sun and Moon“ aus dem Musical „Miss Saigon“, und auch bei den rhythmischen Gospels sprang der Funke in den Zuschauerraum über. Eines der Highlights war eine Longversion von „Auf der Schwäb’sche Eisebahne“, bei dem das sonst so fröhlich geschmetterte „trullala“ letztendlich im Kirchenchoral-Style interpretiert wurde.

Sprech-Kanon über das Kaffeetrinken

Die beiden Stücke, die Oliver Gies während des Workshops mit dem Chor einstudiert hatte, rundeten den ersten Teil ab: ein Kanon, der jahreszeitgemäß vom Herbst handelte, und ein Sprech-Kanon über das Kaffeetrinken, Kuchenessen und Teetrinken wurden mit Elan und, dank Giesens körperlichem Einsatz als Dirigent, auch mit beachtlichem Erfolg präsentiert.

Den zweiten Teil des Abends bestritten Maybebop mit Auszügen aus ihrem Programm „Superheld“. Und dass hier Nomen Omen bedeuten muss, daran hatte in kürzester Zeit sicherlich niemand mehr Zweifel. Die Stimmkünstler versetzten die Zuhörer nicht nur mit erstklassigem Gesang und perfekter Imitation verschiedenster Instrumente in Hochstimmung, sondern auch mit einer grandiosen Bühnenperformance und komödiantischen Einlagen, die brüllendes Gelächter auslösten. Da wurde schon mal der Oberlippenbart alias „Pornobalken“ musikalisch durch den Kakao gezogen oder aus der Verschiedenartigkeit von Seifenspendern auf öffentlichen Toiletten eine soziologische Studie gemacht. Auch mit dem bekannten „Mein kleiner grüner Kaktus“ in einer Art Rammstein-Version und einem Medley aus diversen Boyband-Auftritten – natürlich nicht, ohne das Publikum vorab instruiert zu haben, um die obligatorischen Kreischattacken sicherzustellen – heimsten die vier smarten Jungs rauschenden Beifall ein.
Den stimmungsvollen Abschluss des Abends bildete „Ade nun zur guten Nacht“, das der Chor mit instrumentaler Unterstützung aus den Kehlen von Maybebop zu Gehör brachte. Etwas in der Chorszene bewegen, Ideen umsetzen, neue Akzente setzen – das war und ist das Ziel des Sängerbundes Grötzingen, und das ist mit der Veranstaltung „Maybebop meets Choir“ sehr gut gelungen.
Die Mischung aus hiesiger Sangeskunst und, sowohl im musikalischen wie im komödiantischen Sinne, hervorragender professioneller Unterhaltung hat den Anwesenden einen tollen Samstagabend beschert.

Mit vollem körperlichen Einsatz dirigierte Oliver Gies die Chorsänger.

Susanne Römer – NTZ vom 13.08.

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